Flitzi ließen wir in Nordhorn, auf unserer Nordtour glaubten wir ihn nicht zu brauchen bzw. wollten wir uns die ständige Hin- und Herfahrerei nicht antun. Ist alles nicht optimal, in meiner Phantasie gibt es eine App, mit der ich Flitzi die Koordinaten meines aktuellen Aufenthaltsortes mitteile und ihm die Order gebe, selbsttätig dorthin zu kommen. Das wird es bestimmt irgendwann geben, aber für uns leider zu spät.
In Nordhorn konnte ich eines Tages schön beobachten, wie es mit Smartanhänger ist. Alles gut und schön, aber für mich keine Option. Es ist schon so mit Oscarlotta nicht mehr selbstverständlich, einen passenden – freien – Stellplatz zu finden. Wenn ich mir vorstelle, dann noch einen Hänger hinten dran zu haben und in den allermeisten Fällen im Weg rumzustehen, bis der Smart vom Hänger runtergefahren und der Hänger verstaut ist, wenn das überhaupt geht, dann macht mir allein diese Vorstellung schon Stress. So gute Bedingungen wie für den Wohnmobilfahrer in diesem Beispiel gibt es nicht oft.
Seit längerem schon wollen wir nach Westerstede, uns den Camping-/Stellplatz anschauen und das Städtchen. Es gibt dort ebenfalls ein interessantes Winter-Langzeitangebot. Ich arbeitete eine Rundtour aus und Uschi ergänzte sie durch einen Abstecher ans „Meer“. Das war von Nordhorn aus der kürzeste Weg und so fuhren wir coronabedingt einen Sonntag später als geplant los. So richtig fitt fühlten wir uns noch nicht.
In Ditzum am Dollart schräg gegenüber von Emden gibt es sogar zwei Wohnmobil-Stellplätze und da wir mal wieder einkaufen und auch waschen mussten, wollten wir zunächst zu dem zentral gelegenen neben dem Edeka-Markt und eventuell später umziehen zum Deich, je nachdem, ob es uns in Ditzum überhaupt gefallen würde. Bevor ich in Nordhorn wegfuhr, kam schon die Nachricht von Uschi, dass der Platz beim Edeka voll, nicht schön und viel zu eng sei. Keine Aussicht und die Anfahrt mit Oscarlotta rechtwinklig auf die zwei einzigen Plätze, die überhaupt lang genug waren, schwierig, wenn gegenüber jemand stand.
Also programmierte ich mein Navi um und fuhr direkt zum Deich. Noch gab es Auswahl (das änderte sich schon am Mittwoch) und Uschi hatte zwei schöne Plätze für uns herausgesucht. Das war gar nicht so einfach, denn die allermeisten Stellplätze sind sowas von schräg, dass nicht einmal Keile reichen, um das Wohnmobil in die Waage zu bekommen. Das umliegende Brachland ist mit Wassergräben durchzogen, aber auch bei etwas weniger schiefen Plätzen würde das Regenwasser dorthin ablaufen. Das waren mit Sicherheit keine Wohnmobilfahrer, die dort gebaut haben! Preislich war es noch okay mit €10/Nacht, zuzüglich Gemeindeabgaben von €1/Person (Nebensaison) bzw. €1,50/Person (Hauptsaison). Aber auch das sollte sich ändern! Strom ist entweder überhaupt nicht verfügbar oder pauschal mit €2/Nacht oder über Stromautomaten mit €1 für 2kWh. Es gibt insgesamt 54 Stellflächen, mal nebeneinander, mal hintereinander, siehe hier. DVB-T funktioniert nicht, der Mobilfunkempfang ist gut und das kostenfreie Platz-WLAN ist zu gebrauchen. Sehr gewöhnungsbedürftig ist allerdings die VE-Station. Abwasser entsorgen und Toilette entleeren ist noch okay, aber Frischwasser tanken zerlegt fast die Behältnisse, mit solch einem Druck kommt das Wasser aus dem Hahn. Beim ersten Mal ist man geduscht! Und es geht im Grunde nur zu zweit, denn einer muss den Schlauch beidhändig umklammern und den Kanister/die Gießkanne zwischen die Beine klemmen und der andere wirft das Geld ein und drückt die Start-/Stoptaste, letzteres überaus reaktionsschnell im Bruchteil einer Sekunde nach der Ansage des Einfüllers.
Man kann zwar theoretisch für 10 Cent auch eine Kleinmenge von 10 Litern bekommen, aber diese dann auch vollständig in den Behälter zu kriegen, ist eine Kunst.
Von diesen Besonderheiten abgesehen steht man eindeutig schöner auf diesem Platz und sowohl zum Hafen als auch zum Edeka ist es nicht weit. Der Ort selbst ist winzig und besteht eigentlich nur aus einer größeren Wohnsiedlung, Ferienhäusern, Pensionen und diversen Restaurants um den Hafen herum. Aber hübsch und sauber alles, liebevoll gepflegt und dekoriert und Häuser und Straßen in der typischen roten Farbe des unverputzten Sichtmauerwerks und der Pflasterklinker. Den alten Kern dominieren winzige originale Fischerhäuschen. Eine kleine Fähre für maximal zwei nicht zu große PKW fährt täglich ein paarmal rüber nach Petkum und von dort aus ist es nicht weit bis Emden.
Wir hatten erst einmal nur für drei Nächte bezahlt, bei dem netten Platzwart, der täglich von 16:30 bis 18:00 in seinem Kassenhäuschen sitzt, das einmal Teil eines Kutters war. Vorher fährt er mit seinem Fahrrad den Platz ab und verkündet unüberhörbar, dass er jetzt da ist. Am Montag war vieles im Ort geschlossen und schon am Dienstag gefiel es uns so gut „am Meer“, dass wir beschlossen, zu verlängern. Am nächsten Montag wollten wir weiterfahren, am Samstag erfuhren wir von dem geplanten Warnstreik mit eventuellen Tunnelsperrungen. Es hätte also sein können, dass der Emstunnel, durch den wir müssten, auch gesperrt sein würde. Es hätte zwar einen Umweg über Leer gegeben, aber vielleicht sollte man nicht an solch einem Tag auf der Straße sein, wenn man nicht unbedingt muss. Wir beschlossen, am Dienstag noch einmal im Fischhaus Kibbeling essen zu gehen und erst am Mittwoch weiterzufahren. Am Kassenhäuschen hing ein Zettel, der eine Preiserhöhung ab dem 1. April ankündigte, von den bisherigen €10 auf €15!!! Und das nicht nur für die Sommersaison, sondern dauerhaft! Ein Aprilscherz??? Eine Preiserhöhung um 50 Prozent wäre ja schon sportlich oder sollte man besser Wucher sagen?! Besonders ärgerlich ist, dass die Gemeinde damit durchkommen wird. Es gibt inzwischen so viele Wohnmobile, dass der Platz auch trotz der höheren Preise in der Saison ständig voll sein wird, so wie wir es jetzt schon an den Wochenenden beobachten konnten. Der Platzwart, von uns darauf angesprochen, meinte, nein, kein Aprilscherz, es wäre in der Gemeindeversammlung wie auf einem türkischen Basar gewesen, einer schlug €12 vor, der nächste €14 und geeinigt habe man sich dann auf €15. Nach dem Motto: „Woanders ist es noch teurer“. Oder: „Wenn du eine Notlage findest, dann nutze sie für dich“.
Im Grunde müsste man den Platz jetzt mal für mindestens zwei Monate nicht anfahren, niemand. Dann würden die Restaurantbetreiber einen spürbaren Umsatzrückgang bemerken und sich bei der Gemeindeverwaltung beschweren. Das würde dann vermutlich etwas bewirken. Da das aber nun leider nicht durchführbar ist, bleibt allen nichts anderes übrig, als zähneknirschend zu zahlen oder zu Hause zu bleiben.
Zum Schluss noch ein paar Fotos:
Und zu allerletzt noch eine Warnung für alle Wohnmobilisten: Lasst euer Fahrzeug nicht unbeaufsichtigt über längere Zeit stehen, vor allem nicht, wenn es gar nicht erlaubt ist! Sonst könnte es so ausgehen:
Passt auf euch auf und bleibt gesund und trotz allem zuversichtlich!
written by Ingrid
photos taken with iPhone and Google Pixel 7
P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.