DRESDEN – top oder Flop?

 
 
Mit Norma hatten wir nicht nur unsere persönliche Reiseleiterin, sondern auch eine private Taxifahrerin! Jeden Tag kam sie uns abholen und natürlich fuhren wir dann auch nach Dresden. In der Inneren Neustadt hinter dem Albertplatz fanden wir einen Parkscheiben-Parkplatz am Straßenrand und kauften uns alle drei zuallererst sündhaft teure, weil vegane, Barfußschuhe. Sündhaft teuer bei Schuhen ist für uns eher ungewöhnlich.Smiley mit geöffnetem Mund So gerüstet marschierten wir die Hauptstraße entlang Richtung Goldener Reiter, legten vorher aber noch einen Kaffeezwischenstopp in einer ehemaligen Markthalle ein, die uns sofort an spanische Markthallen erinnerte. Und die Hauptstraße hätte von ihrer Art und dem üppigen Baumbestand her auch fast die Rambla in Barcelona sein können. Erstaunlich, dass die Häuserfassaden und die Balkone direkt am Neustädter Markt, also kurz vor dem Übergang zur Altstadt, total heruntergekommen waren und vor sich hin rotteten. Dass man das an solch einer Touristenmeile nicht ändert, hat uns sehr gewundert!

Markthalle

Der goldene männliche Mensch auf seinem Pferd wurde zwar von uns fotografiert, weil er ja offensichtlich etwas Besonderes darstellte, aber in seinen Bann zog er uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Panoramablick auf die monumentalen Gebäude der Altstadt von der ebenfalls alten Augustusbrücke aus war allerdings beeindruckend. Diese Brücke wird übrigens die nächsten zwei Jahre restauriert und ist im Moment nur noch für Fußgänger und Radfahrer passierbar. Wir hatten also noch Glück, auf ihr die Elbe überqueren zu können.

August der StarkeAugust der StarkePanoramaansicht (Canaletto-Blick) Panoramaansicht

Elbansicht von den Brühlschen Terrassen Norma zeigte uns alles, die Katholische Hofkirche, das Schloss, die Semperoper, den Zwinger, den Fürstenzug, natürlich die Frauenkirche und schlussendlich die Brühlschen Terrassen. Aber trotz der zweifellos sehr eindrucksvollen Gebäude sprang der Funken bei diesem ersten Besuch nicht über, nicht bei Uschi und nicht bei mir. Mir war alles zu düster. Ich mag Sandstein, wenn er hell ist, aber diese Gebäude waren alle überwiegend schwarz.

KirchenKirchen 

Einzig der Fürstenzug faszinierte mich. Ein Wandgemälde, bestehend aus 23621 fugenlos aneinandergesetzten Porzellanfliesen, natürlich gebrannt und handbemalt von der Manufaktur Meißen (1905-1907). Wie durch ein Wunder überstand dieses wertvolle Juwel den Bombenangriff und Feuersturm im Februar 1945, der fast alles rundherum in Schutt und Asche legte. 35 Fürsten aus dem Geschlecht der Wettiner dokumentieren auf diesem Wandbild ihre mehr als 800-jährige Herrschaft. Über eine Fläche von 101,90m Breite und 10,51m Höhe reiten in unglaublicher Detailfreude die namentlich benannten Fürsten auf ihren prächtig geschmückten Pferden in eine imaginäre Schlacht, begleitet von allerlei Fußvolk.

FürstenzugFürstenzug 

Mit Konrad dem Großen, Markgraf von Meißen, fing es Mitte des 12. Jahrhunderts an und mit Georg, König von Sachsen, hört es 1904 auf. Mittendrin (1670-1733) dann der „Goldene Reiter“, Kurfürst Friedrich August I., Beiname „der Starke“. Er bewarb sich später um die polnische Krone, die nicht vererbt, sondern an den vielversprechendsten Bewerber vergeben wurde. Sachsen war seit der Reformation überwiegend protestantisch. Um König werden zu können, musste er zum Katholizismus konvertieren und als er die Krone 1697 erhielt und fortan als König August II. residierte, ließ er neben dem Schloss eine katholische Kirche errichten. Immerhin verlangte er von seinem Volk nicht, dass es ebenfalls katholisch werden musste! Jetzt erlebte Dresden seine Blütezeit. Sämtliche bedeutende Gebäude der Stadt entstanden auf sein Geheiß hin, darüberhinaus sammelte er neben Orangenbäumen leidenschaftlich Unmengen an Porzellan, das er aus Fernost einführen ließ, da die Porzellanherstellung hierzulande noch nicht „erfunden“ war. Die Porzellansammlung im Zwinger ist gewaltig und muss eine unvorstellbare Menge an Geld verschlungen haben. Es wird aus Platzgründen nur ein Teil der Sammlungsstücke ausgestellt und die wiederum sind in ihrer Gesamtsumme nur der Teil, der die Bombardierung Dresdens im 2. Weltkrieg überstanden hat. Mein Geschmack deckt sich nicht mit dem Geschmack August des Starken, aber die Vorstellung, dass diese zerbrechlichen Gegenstände über Tausende von Kilometern zu Lande (Kutschen auf Kopfsteinplaster!!!) und zu Wasser transportiert werden mussten, ist schon beeindruckend. Eine Kutsche schaffte damals 30-40km pro Tag!

Norma fuhr uns dann noch großräumig in/um Dresden herum, rauf und wieder runter, natürlich auch über das Blaue Wunder, die alte genietete Eisenbrücke, die ihren Namen von ihrer Farbe hat. Das alles gefiel uns schon besser.

Spitzhausblick 

Über die Osterfeiertage (ja, so weit hinken wir mit unserer Berichterstattung inzwischen hinterher!) hatten wir auf dem Campingplatz „LuxOase“ östlich von Dresden reserviert. Uns war nach ein wenig Luxus, obwohl der Name einfach der Familienname der Betreiber ist. Da es sich aber um einen 5-Sterne-Platz handelt, war trotzdem alles vom Feinsten.

LuxOase SanitärbereichSanitärbereichSanitärbereichSanitärbereichSanitärbereichSanitärbereich für KinderDuschbereich für Kinder     

Wir bekamen vom Chef höchstpersönlich einen der neugestalteten XXL-Plätze zugewiesen, auf dem wir gemeinsam stehen durften. Das verdankten wir ausschließlich der Tatsache, dass Big Fix ein Allradfahrzeug ist, das versprach, die neu eingesäte Wiesenfläche nicht zu zerstören. Oscarlotta möge doch bitte auf dem Weg stehenbleiben, der eine Sackgasse war. Links von uns wurde noch gebaut, es war aber Baustopp während der Osterferien. So hatten wir nur hinter uns Nachbarn, vor und neben uns den schönen Ausblick auf den kleinen Stausee. Leider spielte das Wetter nicht mit (es schneite sogar noch kurz), um unsere große Wiese nutzen zu können! Der Campingplatz hat übrigens für Alleinfahrende ein besonderes Preisangebot, incl. 5 kW Strom/Tag.

LuxOaseLuxOase

Eine der Besonderheiten der LuxOase sind die Busausflüge, die angeboten werden, u. a. nach Prag. Ich war sehr interessiert bis ich erfuhr, dass es frühmorgens um 6 Uhr losgehen würde. Nein danke, das geht für mich gar nicht, so schön kann Prag gar nicht sein! Ich beschloss, Dresden doch noch eine zweite Chance zu geben und buchte die Stadtrundfahrt. Die kostete €20 und startete (erst) um 9 Uhr direkt am Campingplatz, was für mich immer noch mitten in der Nacht ist. 😉 Einer der Stadtrundfahrtbusfahrer wohnte am Campingplatz und durfte seinen Doppeldeckerbus mit nach Hause nehmen. Demzufolge nahm er morgens auf der Fahrt zur Arbeit die interessierten Campinggäste mit in die City. Die Fahrt dauerte 45 Minuten und wir Mitfahrer wurden schon mit vielen Vorab-Infos versorgt. Am Zwinger konnte man entweder direkt die 90-minütige Stadtrundfahrt machen, mit Aus- und Einsteigmöglichkeit an 22 Haltestellen oder man wartete auf die Stadtführer zur Zwingerführung, zur Fürstenzugführung und zur Führung rund um die Frauenkirche. Alle drei Führungen dauerten zusammen 2 Stunden. Ich hatte das Glück, eine sehr kompetente Stadtführerin zu erwischen, die sehr humorvoll und interessant erzählte. Geschichte war früher in der Schule nie mein Lieblingsfach und inzwischen verstehe ich, warum man zu all den trockenen Zahlen, die in Büchern stehen, keinen Bezug bekommt und somit auch nicht zu den Ereignissen, die die Zahlen dokumentieren. Aber wenn man vor einem Palast steht und erzählt bekommt, was den damaligen Bauherrn bewogen hat, ihn genau so bauen zu lassen, dann erhält diese Anlage, die man vorher bestenfalls schön oder beeindruckend oder imposant fand, auf einmal etwas wohltuend Persönliches. Und auch der Mensch, der bisher nur ein Name war, den man irgendwann mal gelernt hat, zu dem man aber nie einen Bezug hatte, bekommt im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht. Ab da hatte mich Dresden!

ZwingerZwingerZwingerZwingerZwingerZwingerZwinger

Um 17:30 Uhr nahm der Busfahrer uns wieder mit zurück zum Campingplatz. Ich hatte noch lange nicht alles gesehen! Wie gut, dass es die Möglichkeit gab, für nur 2 Euro einen weiteren Tag zu buchen, mit sämtlichen Inhalten. Allein die Tatsache, dass ich bereit war, noch einmal mitten in der Nacht aufzustehen, beweist, dass Dresden mich inzwischen faszinierte. Die Frauenkirche fehlte mir noch. Es wurde ein halbstündiger Film angeboten über den Wiederaufbau nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Wenn man einen Eindruck bekommt von den Dimensionen dieser baulichen Leistung, nicht nur in finanzieller Hinsicht, schaut man sich das Kirchengebäude anschließend mit anderen Augen an. Ich trank danach direkt nebenan einen Kaffee draußen in der Sonne. Die vielen schwarzen Steine inmitten vieler hellerer hatten jetzt eine andere Bedeutung für mich bekommen, nachdem ich wusste, wie mühselig sie nach fast 50 Jahren aus den Trümmern der Kirche geborgen und beim Neuaufbau wieder integriert worden waren, überwiegend sogar an den alten Stellen. So besteht die Frauenkirche, obwohl vom Bombenangriff am 13./14. Februar 1945 fast vollständig zerstört (auf Dresden wurden am 13. und 14. Februar 1945 insgesamt 1480 Tonnen Spreng- und 1190 Tonnen Brandbomben abgeworfen, insgesamt rund 2670 Tonnen), zu sagenhaften 45% aus originalem Steinmaterial. Ein Detail zeigt sehr anschaulich alt und neu, zu sehen auf dem letzten Foto, wenn es groß geklickt wird.

FrauenkircheFrauenkircheFrauenkircheFrauenkirche   

Nein, alles gesehen habe ich natürlich immer noch nicht! Aber das wäre ja ein Grund, irgendwann noch einmal nach Dresden zu fahren! Norma würde sich freuen! Smiley

written by Ingrid
photos taken with iPhone

P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.